Von der zweiten zur dritten Dimension

Kurze Einführung in die Stereoskopie

Unter Stereoskopie (Raumsicht) versteht man die Gesamtheit aller Verfahren zur Bildwiedergabe mit raumgetreuer Tiefenwirkung unter Verwendung ebener (zweidimensionaler) Bildträger.
Wenn Sie mit beiden Augen um sich schauen, sehen Sie ihre Umgebung in Stereo: Dreidimensional. Das kommt daher, weil das linke Auge ein etwas anderes Bild sieht als das rechte. Wegen des Augenabstandes werden die Gegenstände nämlich jeweils aus einer anderen Perspektive betrachtet. Das Gehirn vereinigt diese beiden leicht unterschiedlichen Bilder zu einem einzigen und interpretiert die Unterschiede als Tiefenwahrnehmung.
Betrachtet man hingegen ein Bild in einem Buch, auf dem Bildschirm oder einem anderen ebenen Träger, ist es immer zweidimensional, egal wie kunstvoll versucht wird mit Perspektiven, Farben und Größenverhältnissen ein 3D-Gefühl zu erzeugen. Es fehlt das Gefühl der Tiefenwahrnehmung. Der gleiche flächige Effekt tritt auf, wenn man seine Umgebung mit nur einem Auge betrachtet.
Mit der Erfindung der Fotografie tauchte erstmals die Möglichkeit auf, detailreiche Bilder herzustellen, die exakt jene winzigen Unterschiede wiedergaben, welche das dreidimensionale Sehen ermöglichen. Man baute Kameras mit zwei Objektiven, die im Augenabstand angeordnet waren und die gewünschten Doppelbilder erzeugten.

Das Prinzip der Stereofotografie besteht darin, dass vom selben Motiv zwei Aufnahmen hergestellt werden, die geringfügig- etwa um Augenabstand- versetzt sind.
Dazu verwendet man eine Stereokamera, ein Kameragespann oder einen Strahlenteiler.
Stereokameras weisen zwei Objektive auf, mit denen gleichzeitig zwei Aufnahmen hergestellt werden. Kameragespanne bestehen aus zwei baugleichen, einfachen Kameras, die aneinandermontiert sind und deren Auslöser mit einer Synchronvorrichtung betätigt werden. Strahlenteiler werden vor das Objektiv einer einfachen Kamera montiert und erzeugen durch ein Spiegelsystem ein stereoskopisches Bildpaar; dadurch wird die Höhe des Bildformates halbiert.
Die einfachste Methode stereoskopische Bildpaare herzustellen, besteht aber darin, mit einer gewöhnlichen Monokamera zwei Aufnahmen hintereinander zu machen, die etwas versetzt sind. Dazu macht man einen kleinen Schritt zur Seite oder verlagert das Gewicht von einem Bein auf das andere, was meist schon genügt um die gewünschte Verschiebung zu erzielen. Dass man mit dieser Methode nur unbewegte Objekte fotografieren kann, versteht sich von selbst. Man kann sich auch eine fix montierte Schiene anfertigen, auf welcher die Kamera genau waagrecht verschoben wird. Bei einer Entfernung des Aufnahmegegenstandes von 3m wird man mit einer Verschiebung von etwa 10cm meist recht brauchbare Ergebnisse erhalten; ist der Aufnahmegegenstand weiter entfernt, soll die Verschiebung etwas grösser ausfallen und umgekehrt.

Für die Betrachtung stereoskopischer Bilder wurden verschiedene Verfahren entwickelt, deren Prinzip darin besteht, dass sowohl das linke, als auch das rechte Auge nur das ihm zugeordnete Bild zu sehen bekommt und sonst gar nichts.
Nach einigen Experimenten mit Spiegelsystemen wurde das Linsenstereoskop erfunden, welches durch entsprechende optische Linsen das Blickfeld des Auges jeweils auf ein Bild einschränkte. Damit begann der Siegeszug der Stereofotografie, der nahezu ein Jahrhundert andauern sollte.

Stereokamera Kameragespann Strahlenteiler Linsenstereoskop

Das Anaglyphenverfahren: Fast gleichzeitig mit dem Linsenstereoskop wurde ein anderes System zur Betrachtung stereoskopischer Bilder entwickelt, welches sich später beim Einsatz in Printmedien bewährte. Statt eines unhandlichen Linsenstereoskopes konnte man die Bilder nun mit einer Brille aus Papier und Pappe betrachten, die billig herzustellen war und leicht der Publikation beigelegt werden konnte: Die beiden Bilder werden jeweils in Komplimentärfarben (rot- grün oder blau/cyan) eingefärbt und ineinanderkopiert. Heute übernehmen diese Aufgabe kleine Computerprogramme ( beispielsweise 'Z-Anaglyph', 'AnaBuilder' oder 'AnaglyphMaker'), die man als Freeware unter zahlreichen Adressen im Internet downloaden kann. Betrachtet man dieses Doppelbild durch eine Brille, die ein rotes und ein grünes Glas (oder eine solche durchsichtige Folie) hat, nimmt ein Auge nur das rote, das andere nur das grüne Bild wahr. Heute ist es Standard, dass die rote Folie vor dem linken Auge ist. Der Nachteil dieses Verfahrens besteht in erheblichen Licht- und Farbverlusten .

Abbildungen oben: Stereoaufnahme um 1930 (Hallstadt) und ein Anaglyphenbild, das aus diesem Bildpaar hergestellt wurde.
Die den beiden unteren Anaglyphen zugrundeliegenden Bildpaare wurden mit einer Handykamera ohne weitere Hilfsmittel durch einfaches Verändern der Kameraposition aus freier Hand gemacht. Die Anaglyphen wurden ohne Spezialprogramm in Fotoshop mit wenigen Handgriffen montiert. Wie das geht, zeige ich später. Man kann also mit einfachsten Mitteln recht nette Ergebnisse erzielen.


Während sich Anaglyphen auf Basis von Fotografien einfach erstellen lassen, erweist sich Die Herstellung gezeichneter Anaglyphenbilder, die mehr als geometrische Körper zeigen sollen, als recht schwierig und zu einem größeren Einsatz in Printmedien, die der Unterhaltung dienen, kam es erst in den 50er- Jahren und hier typischerweise auf dem Gebiet der Comics.

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